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Talpost Lambrecht/Pfalz, 24.April 1997

Die Holztrift in der alten Pfalz

Speyer- und Hochspeyerbach waren bedeutende Triftbäche

von Karl Heinz Himmler, Lambrecht

 

Die „Pfalzische Forst- und Jagdgeschichte" von Johann  Keiper aus dem  Jahr 1930, ein Standardwerk, das zu überarbeiten und fortzuschreiben eine lohnende Aufgabe wäre, geht bei der Beschreibung der Haupt- und Nebennutzungen des Waldes  auch auf die noch bis zum Beginn unseres Jahrhunderts auf pfälzischen Bächen betriebene Holztrift ein.

Dort heißt es:„Bei dem damals noch schlechten Zustand der bestehenden Wege und Straßen war  man  zur Verbringung des Holzanfalles an die Hauptverbrauchsorte schon seit alter Zeit auf den billigen und bequemen Wasserweg gekommen, d. h. man triftete oder flößte die zerkleinerten Hölzer aus dem Pfälzerwaldgebirg auf Bächen und Flüssen in die nicht so waldreiche Rheinebene und bis zum Rhein selber. An den Triftbächen oberhalb Neustadts arbeiteten im Jahr 1860 (der Neidenfelser Orts-Chronik zufolge) 60 Betriebe mit Wasserkraft: 15 Säge-, 20 Mahl-, 4 Öl-, 4 Loh-, 6 Papiermühlen, 2 Hanfreibereien, 2 Walkmühlen, 4 Tuchfabriken, 3 Wappenschmieden. Die Holztrift war von Anfang an streng reglementiert. Hatten Herzog Stephan von Pfalz-Zweibrücken und Graf Emich von Leiningen schon im Jahr 1427 über das „Holzflötzen" aus ihrem westlich von Wilgartswiesen gelegenen gemeinschaftlichen Falkenburger Wald auf der Queich nach Annweiler und  Landau  ein Übereinkommen  getroffen, so war noch früher, nämlich 1403 von dem deutschen König, dem pfälzischen Kurfürsten Ruprecht III. (1398 bzw. 1400 — 1410) seiner getreuen Stadt Neustadt an der Haardt das Privileg zum Holzflößen auf dem Speyerbach erteilt worden." Diese Erlaubnis erstreckte sich zunächst noch über das ganze Jahr. Später wurde die Trift wegen den sich mit der Landwirtschaft und den  die Wasserkraft nutzenden Anrainern  ergebenden Interessenskollisionen eingeschränkt, im wesentlichen im Winterhalbjahr. Dies war auch schon deshalb sinnvoll, weil für die Trift eine Mindestwassertiefe von 40  cm  erforderlich war, was im Sommerhalbjahr  nicht immer und überall der Fall ist. Die Begriffe Flößen (für gebundenes Holz, meist Stämme, Balken und Bretter) und Triften (für geschnittenes Schicht- oder Klafterholz, Wingerts- und Daubenholz bis zu 1,75 m Schnittlänge) vermengen  sich anfangs. Im Pfälzerwald wurde weit überwiegend getriftet. Aus anderer Quelle geht hervor, daß die Holztrift aus den Oberen Haingeraiden nach der dort 1291 einverleibten Stadt Landau sogar schon im Jahr  1295 nachzuweisen, für einen Holzhof in Neustadt  bereits 1330 bestätigt worden ist. 1504 wurde zwischen der Gemeinschaft Falkenburg und Landau ein Vertrag über das Stapeln und Verkaufen  von  Holz abgeschlossen, das aus den Wäldern des Pirmansbezirks auf der Queich getriftet werden konnte. Das  Längenmaß dieser Holzscheite ist im Vorraum der Landauer Stiftskirche durch in den Stein geritzte Pfeile „verewigt".  

Die Langholzflößerei

Länger  als im  Pfälzerwald läßt sich die Holztrift im Schwarzwald  nachweisen (Max Scheitele: „Als die Wälder auf Reisen gingen"); in Wahrheit hat sich der Holzhandel schon unter den Römern,  ja schon in biblischer Zeit zur Brenn-, Bau- und Werkholzversorgung aus den weglosen entlegenen Wäldern der relativ billigen und bequemen  Wasserltransporte bedient; selbst kleinste Rinnsale wurden im Laufe der Entwicklung durch Stauweiher, Begradigungen und Nivellierungen triftbar gemacht. Mit Hilfe von künstlichen wannenförmigen Holz-Rinnen, den „Kähnerwerken", konnten mit wenig Wasser auch große Stämme talauswärts gebracht werden. Ohne die Flößerei und die Trift wäre die Wirtschaft im Mittelalter nicht denkbar gewesen. Es wird geschätzt, daß in Deutschland in jenem „hölzernen Zeitalter" der Durchschnittsbedarf an Brennholz bei 2 1/2, an Bauholz bei einem Kubikmeter pro Person und Jahr lag. Ab dem  18. Jahrhundert, als aus kriegerischen Gründen die junge Weltmacht Holland von ihren bisherigen Bezugsquellen rund um die Ostsee abgeschnitten war und sich neue an den Zuflüssen des Rheines erschlossen hatte, kam zur Deckung des  gewaltigen Bedarfs für den niederländischen Schiffs- und Städtebau der ertragreiche Holländer Holzhandel dazu. Dabei handelte es sich um Langholz von mindestens 18 m Nutzlänge mit mindestens noch 48 cm Durchmesser am dünnen Ende. Das Geschäft lag in den Händen kapitalstarker Holzhandelsgesellschaften,durch ihre Monopolstellung verdienten aber auch die Grundherren sehr gut mit. In der Pfalz erinnern daran nur noch einige lokale Bezeichnungen wie Holländerklotz oder Holländerweg. Vom  Schwarzwald,  wo das Holländerholz eine sehr große wirtschaftliche Bedeutung hatte, ist bekannt, daß dort bis ins 19. Jahrhundert weite Waldflächen dafür kahlgeschlagen und die guten Stämme — am  besten bezahlt waren krummgewachsene  Eichen, die

für den Schiffsbau gebraucht wurden — in die Niederlande verfrachtet wurden. Zu Baden-Durlach gehörte  in vornapoleonischer Zeit linksrheinisch auch das Gräfensteiner Land. Aus dessen Chronik von 1987 zitieren wir in  diesem Zusammenhang:   Seit 1362 haben die Leininger Grafen auf der Rodalbe Klafterholz nach Zweibrücken geflößt, seit ca. 1700 auch Stammholz, sogenannte Holländerstämme. Das waren Eichenstämme als Fundamentpfeiler für holländische Städte sowie für den Schiffsbau und es geschah zunächst auf der Queich über Landau zum  Rhein. 1783 überzeugte Oberförster Freiherr von Geusau die Regierung in Baden- Durlach von der Notwendigkeit, die Rodalbe und ihre Nebenbäche zum Flößen zu regulieren und Schließen einzubauen, um mit langen Stämmen über Rodalbe, Schwarzbach usw. zum Rhein und  nach Holland  'durchfahren' zu  können. Laut Gutachten des markgräflichen Ingenieurs Hochstetter können durch den  Geradestich der Rodalb die größten Fangruten (Stämme) durchgeflößt werden, und mit dem  Abschneiden der  vielen Krümmungen wird  beträchtliches Wiesenland gewonnen, der Fall des Wassers wesentlich verstärkt, Überschwemmungen hintan gehalten, und die Bachrinnen können von Sand und Schlamm sauber gehalten werden'. Sowohl der Bachausbau als auch die Holzmacher-, Holzabfuhr- und Floßarbeit brachten den Einwohnern Rodalbens  im Taglohn zusätzlichen Verdienst." Vor Ort wurden sie den Sommer über zu den Polderplätzen an den Ufern der dazu ausgebauten floßbaren Gewässer gebracht, an zwei gegenüber liegenden Seiten gekantet, in aufgestauten „Wasserstuben" zu relativ kleinen Flößen, Gestöre genannt, von 6 bis 9 Kubikmeter Rauminhalt zusammengefügt, querverstrebt und talauswärts zum Rhein gebracht.

Die Gestöre wurden unterwegs mehrfach umgruppiert und in ihren Ausmaßen  verändert, in Koblenz-Neuendorf zu gewaltigen Flößen zusammengestellt und nach Dordrecht in Holland verfrachtet. Solche Holländerfloße hatten mit etwa 300 Metern Länge, 70 Metern Breite und zwei Metern Tiefgang gewaltige Ausmaße. Zu ihrer Handhabung waren bis zu 300 Flößerknechte erforderlich, sie trugen 15 bis 18 Holzhütten und führten 10 bis 12 kleine Kähne mit. Manövriert wurde mit zwei bis fünf beweglichen relativ kurzen Vorsatzfloßen, gebremst mit einem Fächer frei schwimmender Stämme, gegen seitliche Karombolagen schützten fünf Meter breite Gestöre, die links und rechts in voller Floßlänge angedockt waren, der Gegenverkehr auf dem Rhein wurde durch voraus laufende „Wa(h)rschauer geregelt, die mit ihren schachbrettartigen Karo-Flaggen vom Ufer aus Zeichen gaben, zum Übernachten wurde angehalten und das Floß mit 20,40 oder mehr Ankern fixiert. Als „Oblast" (Beiladung) wurden Schnittholz, schwere Eichenstämme, Vieh, Versorgungsgüter und Menschen  bis zum Zielort oder zu Zwischenstationen transportiert. Das war kostengünstig, weil die in ihren gewaltigen Ausmaßen  schwimmenden  Inseln gleichenden Holländerfloße nach 388 Kilometern Wasserweg, die in 20 bis 30 Tagen zurückgelegt wurden, in Dordrecht aufgelöst und wirtschaftlich verwertet wurden und sich die Frage der Rückfracht oder der Rückführung von Personal finanziell nicht stellte. Der Verkaufswert der Holländerstämme hatte unterdessen das Acht- bis Zehnfache dessen gewonnen, was dafür im Wald bezahlt worden war.

Der kurpfälzische Triftbetrieb

In den kurpfälzischen Teilen des Pfälzerwaldes hatte die Trift, auch Wildflößerei genannt, also der Wassertransport von Kurzholz zu den innerhalb der Pfalz gelegenen Holzhöfen die wirtschaftlich weitaus größere Bedeutung. Um 1600 wickelte sich der Haupttriftverkehr auf dem Hochspeyer- und Speyerbach ab. Von Neustadt führte der Rehbach die Hölzer über Schifferstadt zum Rhein und von dort aus wohl  in Schiffsladungen nach Mannheim. Um 1750 herum ließ Kurfürst Karl Theodor zur Versor gung der waldlosen Stadt Frankenthai und ihrer Umgebung  von der Rehhütte bei Schifferstadt aus nach Norden über Maxdorf  in die untere Isenach den sogenannten Frankenthaler Floßkanal zu bauen, der aber ein nur geringes Gefälle hatte. Das war eine infrastrukturelle Maßnah me. Denn  gerade mit Frankenthal hatte die kurfürstliche Verwaltung mit ihrer kameralistischen Privilegienpolitik (z. B. durch Steuervorteile und eigene Gerichtsbarkeit des der „kurfürstlichen Fabriken-Spezialkommission" unterstellten „Fabrikstands") damals Großes vor. Der Ort, der 1764 noch tausend Einwohner beherbergte, sollte zur "Musterindustriestadt"  werden und „den Geist der Industrie in allen  Gegenden der Kurpfalz verbreiten"; seine Einwohnerzahl vervierfachte sich bis zum Jahr 1786 entsprechend auf 4037, von denen 1007  Personen dem „Fabrikstand" angehörten.

In ihrem oberen Verlauf diente die Isenach auch als Floßbach zum Holztransport aus dem Limburger Stiftswald zur Stadt Bad Dürkheim und der dortigen kurpfälzischen Saline Philippshall. Diese Triftgeschäfte hatten nacheinander die beiden Forst- und Triftmeister Glöckle, Vater und  Sohn auszuführen, die zugleich für die Dürkheimer Saline das Amt des Holzfaktors versahen. Die Familie war seit 1725 im einträglichen Triftgeschäft. Vater Glöckle übte das Amt etwa ab 1745 aus, der Sohn ab 1790 bis zum Ausgang  des 18. Jahrhunderts von Neidenfels aus.

1739 regnet es, der Neidenfelser Chronik zufolge, Beschwerden gegen den Holzfaktor Franz Glöckle und seinen Neustadter Kompagnon Rotgerb. Drei Brücken, Saatfelder, Weiden, Wiesen und Waldungen  in der Ebene waren durch das „gewaltige Holzflößen" derart ruiniert, daß ein Schaden von 2 400 Gulden entstanden war. Die Schuld wurde  auf private Flößer geschoben. Glöckle erhielt das Monopol, wurde 1743 zum Forstmeister befördert und von Oberstjägermeister von Hacke bedrängt, die durch zusätzlichen Bedarf einquartierter Truppen stark bedrohte Versorgung Mannheims mit Brennholz ganz kurzfristig sicherzustellen. Als am l. Mai und 3. Juli des folgenden Jahres auch Neustadt mit französischen Einquartierungen belegt wurde, wurde dort das Holz knapp und die Vorwürfe häufig, daß Glöckle mehr Holz zu Wucherpreisen nach  außen abgebe und seine gnädigsteHerrschaft vernachlässige. Der Schaden belaufe sich auf 1000 Gulden, Glöckle verteidigte sich unter Berufung auf Gottes Gewalt, berief sich auf Befehlsnotstand, verwies auf andere Schadensverursacher und kam um eine Strafe herum. Dabei hatten in der Nachbetrachtung die Stadt Neustadt und die anderen Kläger mit ihrem bis Ende des  18. Jahrhunderts anhaltenden Vorwürfen nicht ganz unrecht. Denn Glöckle „nützte als Beamter eines korrupten Staates seine Machtstellung auch für persönliche Interessen und verwischte die Grenze zwischen Staatswohl und Eigennutz zu  seinen Gunsten", urteilt Philipp Karch, der Verfasser der Neidenfelser Chronik.

Das  Triftamt unterstand einem Triftmeister  im Range eines Forstmeisters. Sein Sitz war für  alle pfälzischen Bäche Neustadt. Die alten Unterlagen sind schließlich ins Forstamt Lambrecht gekommen. Wesentlich später als in der Vorder- und Südpfalz wurde durch Ausmauerung auch die Waldlauter für die Trift erschlossen, sie wurde zur besseren Holzverfrachtung zwischen 1788  und 1798 auf dem  Abschnitt Kaiserslautern-Lauterecken stellenweise begradigt. Von Lauterecken gelangte das Brennholz  auf den Glan, ab Odernheim in der Nahe und nach Kreuznach, wo  es auf diesem Wege aus dem  Reichswald den Bedarf der kurfürstlichen Saline zur Kochsalzgewinnung und den der Stadtbevölkerung befriedigte. Einen Seitenarm  zur Glantrift bildete auch der vom Einsiedlerbruch durch das Reichswaldtorfgebrüch in westlicher Richtung zum Mohrbach  künstlich geführte Floßbach. In der Westpfalz wurde auch  auf dem Schwarzbach und der unteren Moosalb getriftet.

Vom Triftbetrieb handeln zwei Verordnungen aus den Jahren 1757 mit einer umfassenden Bach-, Floß- und Holzordnung für den sogenannten Neustadter-, den Speyer- und den Rehbach und eine weitere aus dem Jahr 1789. 1793, nach Besetzung der Pfalz durch französische Revolutionstruppen, endet die erste Phase der Holztrift.

Zweite und dritte Phase der Trift

Verhängnisvoll für den Wald erwies sich in dieser Zeit, daß das Holz auf dem Stock verkauft wurde, die Floßgebühren abgeschafft und die zu öffentlichen Besitz erklärten Gewässer als Floßanlagen stark vernachlässigt wurden. Erst 1876 wurde das Herrschaftsrecht über die Bäche oberstrichtlich wieder den Angrenzern zugesprochen. Kaiser Napoleon, der sich nach anfänglichem Raubau später mehrfach für das pfälzische Forstwesen einsetzte, erließ um Ordnung in die Forstwirtschaft zu bringen, 1807 in Warschau ein 34 Artikel -umfassendes Dekret über  das Holzflößen und Triften auf Bächen und Kanälen aus dem  Neustadter Tal und seinem Einzugsgebiet. Die dritte Phase beginnt unter bayrischer Verwaltung  1816. Jetzt wurden weite Bachstrecken kanalisiert, zahlreiche Wooge angelegt, durch viele Wehre Gefälle ausgeglichen, Holzabladeplätze gebaut und Holzhöfe eingerichtet. In wenigen Jahren waren die meisten Gewässer im Pfälzerwald für die Trift nutzbar. In einer Aufstellung aus dem Jahr 1"823 werden genannt: Lauter und Glan — Hochspeyer-, Lein-, Speyer-, Reh-, Erlen-, Legel-, Helm-, Breitenbach und der Floßkanal nach Frankenthal —  Isenach und Stüterbach — Schwarzbach, Blies ab Mimbach, Moosalb, Merzalb, Rodalb, Trualb und Münchweilerbach — Queich, Queichbach, Kaltenbach, Modenbach, Wellbach und Eußerthaler Bach — Lauter, Salzbach, Scheidbach, Wartenbach, Pfortzbach und Reisbach — Fisch-, Saar- und Sauerbach.

Die Oberleitung lag seit 1822 wieder im Triftamt Neustadt. Es hatte Triftmeisterstellen in Elmstein und Annweiler, später stattdessen in Landau. Der Amtsbereich des Triftamts umfaßte zwei Gebiete: Einerseits das Neustadter mit um das  Jahr 1850, als der Triftbetrieb seinen Höhepunkte erreichte — 141,3 Kilometer Gewässerlänge, davon 53 Kilometer ausgemauert, und 32 steinernen Klausen; nur aus dem Staatswald wurden hier in der Zeit von 1840 bis 1850 27 000 Klafter (über 60000 Ster) jährlicher Holzmenge verfrachtet und Holzhöfen in Neustadt, Mutterstadt, Speyer und Frankenthai unterhalten. Sie bildeten einen wirtschaftlichen Machtfaktor und führten an den bayrischen Staat damals  jährlich etwa 140000 Gulden Überschuß ab. Andererseits gab es das Triftgebiet Queich mit Holzhöfen in Annweiler, Albersweiler und Landau und das der Wieslauter mit 94,3 Kilometer triftbaren Bächen, 24 steinernen Klausen und jährlich 22 000 Ster Transportmenge.   Das Holz wurde im Winter geschlagen, brüchiges und klotziges Material aussortiert, das für gut befundene zum Schutz vor Diebstahl gekennzeichnet, luftdurchlässig aufgesetzt, im Herbst zu den Bollerplätzen gebracht. Oft wurde das Holz in mühsamer, auch gefährlicher Weise auf Schlitten zu Tal befördert. Auf dem Wasserweg lagen die hauptsächtlichen Transportrisiken im Verlust durch Diebstahl in einer Zeit, in der die Holzbeschaffung oft kriminelle Formen annahm,  sowie durch Zersplittern und Versinken. Getriftet wurde in der Pfalz in bayrischer Zeit vom zeitigen Frühjahr an bis zum Georgitag am 22. April.

Von da an hatte die Vegetation den Vorrang. Im Herbst wurde nur ausnahmsweise getriftet. Mit Wasserkraft betriebene Mühlen und Betriebe am Bach wurden durch Rechen und kanalisierte Umleitungen geschützt.

Solche Rücksichtnahme war erforderlich. Denn  die Hauptnahrung der Bevölkerung bestand bis weit über das Jahr 1800 hinaus aus Getreiderzeugnissen. Entsprechend wichtig, ja lebensnotwendig waren die vielen von Wasserkraft betriebenen Kundenmühlen an den Bächen. Einmal, im April 1828, siegte in diesen Dingen David gegen Goliath. Die Waldbauern auf dem Geiskopf machten bei Gericht geltend, daß auf ihren „bemahlten" Geiswiesen (es stand dort ein Sägemühle) durch den Floßbetrieb zugunsten der Stadt Landau durch Versandung der Wiesen, „Verhinderung an Wässern" und Zerstörung der Ufer ein Schaden von 130 Gulden eingetreten sei. Dieser Betrug wurde ihnen ersetzt und der Stadt Landau gerichtlich zur Auflage gemacht, den Floßbach in diesem Bereich einzuengen und zu zäunen und bei der Heu und Grummeternte vierzehn Tage lang auf das Triften zu verzichten. Für die Zukunft solle die Stadt Landau die mit ihr zusammen arbeitenden flößenden Holzhändler zur Instandhaltung der Ufer verpflichten, „so wie solche für allen durch  das Flößen an dem angrenzenden Staats- und Privateigentum verursachten Schäden verantwortlich erklärt sind".

Vor Beginn  des Triftens wurden die Wooge und  Klausen der Triftbäche und der zu ihnen führenden Gewässer  geschlossen. Ein Woogmann  war mit der von den Wassermengenregulierung betraut, die schon bei der Zuschaltung der Klausen begann. Wie er das wohl ohne Funk und  Telefon schon steuern konnte? In das aus dem gezogenen Auslaß herausstürzende Wasser wurde beim nächsten Bollerplatz das vorbereitete getrockente und damit schwimmfahig  gemachte Scheitholz geworfen und durcheinander wirbelnd fortgerissen. Flößermannschaften, denen  oft ein Vorläufer vorausging, ordneten den Wirrwarr und begleiteten auf bis zu 70 Kilometer langen Flößerpfaden am Ufer die Fracht. Wo die Flößer nächtigten, wie sie wieder heimkamen, war ihre Sache.        

Elmstein hält die Erinnerung wach

Die Elmsteiner Triftmeisterei war ab 1852 im ehemaligen Forsthaus mit eingerichtet. Unweit davon ist an der Abzweigung des Mühlgrabens beim Möllbachweiher zur Wappenschmiede eine große Riesel. Diese Wasserabstürze, auch Rutschen genannt, wie man sie auch an der Mündung  des Legelbachs, in Helmbach und an vielen anderen Stellen findet, sind zur Überwindung  größerer Gefälle gebaut. Dazu wurden keine Bindemittel verwendet, trotzdem sind sie zeitlos stabil. Mit einem in neuester Zeit eingerichteten und mit Informationstafeln beschilderten Triftweg sowie mit gelegentlichen Vorführungen hält Elmstein die Erinnerung an das einstige Gewerbe wach. Darin einbezogen ist die Altschmelzklause knapp über dem Standort der „Alten Schmelz", die von 1604 bis 1620 und von 1780 bis 1829 die Eisenerze von Appenthal, Rödertal und aus dem Erlenbach verarbeitete und anschließend bis zu ihrem Abriß 1884 Sägemühle war. Zwischen der Steigbergbrücke mit ihrem kunstgerechten Tonnengewölbe und der Gandertklause ist ein Schlittelweg zu sehen, auf dem das Kurzholz zu Tal gebracht wurde. Weitere Klausen im Legelbachtal sind die Franzens-, Ludwigs-, Heinrich-, Fisch- und die Große Klause. Auch ein alter Steinbruch, aus dem die zum Kanalisieren erforderlichen Quader stammen, wird bei Führungen dort noch gezeigt. Im Bereich des benachbarten Breitenbachs gibt es die Rumpelslocher, Dreibrunnen-, die von einem Seitenarm umgangene Goldbrunnen- oder Mühlenbrunner, die Winterthaler, die Reh- und die Breitensteiner Klause.

Nach  der Öffnung  der Binnengrenzen im Gefolge des 1834 gegründeten Deutschen Zollvereins und dem Bau der 1849 fertiggestellten Ludwigsbahn Neustadt-Homburg  und der Nebenstrecke Lambrecht-Elmstein, deren erster Abschnitt 1901 bis Sattelmühle vorangetrieben war  und 1909 Elmstein  erreichte, war Holz zunehmend  von  der jetzt preiswert verfügbar gewordenen  effizienteren Steinkohle abgelöst worden. Zudem schritt der Straßen- und Wegebau voran. Solche Veränderungen minderten die wirtschaftliche Bedeutung der Trift.

Während in den Jahren 1866/67 noch 75 000 Ster Triftholz aus 16 Forstämtern an die Triftverwaltung abgegeben worden waren, betrugen die Jahresdurchschnitte 1881/85 aus jetzt noch zehn Forstämtern 18 700 und aus dem Zeitraum 1901/05 aus zwei Forstämtern — Elmstein und Johanniskreuz — l 800 Ster jährlich. Gemessen wurde damals in Klaftern, die bei 4 Fuß Länge der Scheite und je 6 Fuß Länge und Höhe der Stapel einen Rauminhalt von etwa 2,4 Kubikmetern hatte. Parallel dazu war die Zahl der Holzhöfe von sieben auf zwei gesunken. So wurde die Trift 1881 im Queichgebiet ganz aufgehoben und 1882 auf dem Speyerbach nur noch bis Frankeneck zugelassen. Dieses Dorf trägt den Flößerhaken mit in seinem Wappen. Von Speyerbrunn und Elmstein aus wurde zum letztenmal 1902, von Helmbach aus 1903 getriftet. Verschärfend kam hinzu, daß der Triftbetrieb nie frei von Konflikten mit den Bachanrainem verlaufen war.

1906 wurde mit Ministeralbeschluß die Trift auch offiziell und endgültig auf-, die Wooge für die Fischzucht oder zur landwirtschaftlichen Nutzung  freigegeben. Das Triftamt Neustadt war schon 1897 aufgelöst und die verbliebenen Angelegenheiten zentral dem Forstamt Lambrecht anvertraut worden. Dort hat Philipp Karch, der Verfasser der Neidenfelser Ortschronik, eine Reminiszenz aus dem Jahr 1903 gefunden, die das Arbeiten der Flößer packend schildert: „Ich erinnere mich an die Triftknechte mit ihren hellebardeartigen Trifthaken, an die Aufregung und Spannung, mit der der Verlauf des Triftens auf dem dann hochschwellenden Speyerbach verfolgt wurde und an die gewaltigen Anstrengungen, die es den Triftknechten verursachte, den sogenannten Flootz wieder in Gang zu bringen, wenn aus irgend welchem Hindernis der Flootz sich staute und die Holzmassen sich meterhoch auftürmten." Wenn die aufgetürmte Fracht in harter und gefährlicher Arbeit endlich wieder in Bewegung gebracht war, stürzte sie auf dem  Wasserschwall krachend und häufig zersplitternd dem nächsten Hindernis entgegen.

Es gibt — neben dem vorrangigen Zweck, den Holzbedarf der sich im 18. und 19. Jahrhundert stark vermehrenden Bevölkerung regulierend zu decken —  auch sozioökonomische und landespflegerische Aspekte, die die Holztrift in ein günstiges Licht rücken. Der unter bayrischer Zeit verstärkt einsetzende massive Ausbau der vorher nur mit Holz verfestigten Bachufer und die Anlage der Stauweiher (in der Pfalz Wooge, in Bayern  Klause genannt), Kanäle, Stürze, Wehren, Überfälle und sonstigen technischen Einrichtungen war  eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme ersten Ranges. Nur so war die Nutzung der inneren Wälder möglich, und in gleichem Maße  konnten die hoffnungslos übernutzten Wälder der Haardt  geschont und wieder begründet werden.

 

 

 

 

 

 

 

 


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