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Aus dem Heimat Jahrbuch der Kreisverwaltung Kaiserslautern 1992

Vom Triften im Raum Kaiserslautern

Von Walter Frenzel

Seit Jahrtausenden war Holz als Naturprodukt für die Entwicklung der menschlichen Zivilisation und Kultur in allen Erdteilen fast unentbehrlich. Trotz hochentwickeiter Technik und kaum mehr überschaubarer Vielfalt verfügbarer Rohstoffe nimmt auch heute noch der Holzbedarf im Hinblick auf das Dezimieren des Weltwaldbestandes in bedenklichem Maße zu. Abgesehen von den Mittelmeerlandern, konnte bis in die frühe Neuzeit in Europa im großen und ganzen der Holzbedarf noch ohne Gefährdung der Waldungen gedeckt werden. Dabei trat aber schon häufiger das Problem auf, Holz aus größeren Beständen an Verbraucherschwerpunkte zu transportieren, wo man in der näheren Umgebung darauf nicht zurück greifen konnte. Daraus entstand der Holzhandel als neuer Wirtschaftszweig, dessen Erträge aber weitaus überwiegend den Herren der Wälder Anlaß waren, sich damit neue Einnahmequellen zu verschaffen. Nachdem jedoch damals noch keine für den laufenden Transport von Massengütern selbst in bescheidenstem Umfang geeigneten Fernstraßen bestanden, bot sich, wenn auch nicht unproblematisch, der Wasserweg an, zumal viele große Wälder, geologisch-botanisch bedingt, von ganzjährig wasserführenden Bächen durchzogen werden. Aus unserer Heimatgeschichte sind uns, auf diese Entwicklung hinweisend, schon aus relativ früher Zeit Reglungen für den Holztransport auf dem Wasserweg bekannt, so, als Beispiele angeführt, ein Abkommen von 1295 zwischen Beauftragten der vorderpfälzischen Haingeraiden und der Stadt Landau, eine Reglung der Flößerei in Neustadt von 1330, eine Urkunde von 1403, mit der der Kurfürst von der Pfalz und deutsche König Ruprecht III. der Stadt Neustadt das Privileg erteilte, auf dem Speyerbach zu flößen. 1504 wurde zwischen der Gemeinschaft Falkenburg (Grafschaft Leiningen-Falkenburg und Herzogtum Zweibrücken) und der Stadt Landau ein Vertrag über das Stapeln und Verkaufen von Holz abgeschlossen, das auf der Queich aus den großen Wäldern des ehemaligen Pirmansbezirks heraus getriftet werden konnte, wobei zur Kontrolle der Scheitlängen im Vorraum der Landauer Stiftskirche ein durch Pfeile deutlich festgelegtes Maß eingeschlagen wurde, das heute noch unverändert dort zu sehen ist. Im Laufe der Zeit unterschied man genauer zwischen „flößen" für zusammengebundene Holzstämme (Floß) und „triften" für loses Kurz- oder Schichtholz. Nebenbei sei erwähnt, daß man früher festgelegte und erlaubte Wege zum Eintreiben von Rindvieh und Schweinen in die Waldweide, die wegen knapper Grünfütterung sehr wichtig war, „Triftwege" nannte, und solche Vermerke in älteren Land-oder Flurkarten noch zu finden sind. Das Flößen setzte voraus, daß der Wasserweg eine entsprechende Breite, Tiefe und möglichst geraden Verlauf ohne enge Bögen aufweisen mußte. Geeignete Bäche wurden, wie man damals sagte, „gerade gestochen". Reichte die verfügbare Wassermenge nicht aus, bildete man durch den Einbau von Wehren Stauabschnitte. Überwiegend wurde im Pfälzerwald nur getriftet. Am Beginn der Triftstrecke war ein größerer Stauwoog angelegt, daneben der „Bollerplatz" als Stapelfläche und zum Einwerfen der Hölzer, die dann in „Partien" über die Stauabschnitte talabwärts gebracht werden konnten. Der Aufwand für  das Triften war beträchtlich. Er bestand aus dem Kanalisieren der Bachläufe und dem Errichten der zusätzlichen Wehrbauten und war nur vertretbar, wenn die Strecken auf die Dauer territorialhoheitlich als sicher erschienen. Hinzu kam, daß die früher zahlreichen Mühlen, mit Wasser betriebene Hämmer und andere, das Wasser benutzende Kleinbetriebe Umgehungswasserläufe bedingten. Schließlich mußten die Ufer beidseits auch abgegangen werden können, um Verstopfungen und andere Fließhemmnisse zu beseitigen. Im Raum Kaiserslautern wurden Bachläufe für den Holztransport vergleichsweise wesentlich später als in den östlichen und südlichen Gebieten des Pfälzerwaldes hergerichtet und benutzt, was mit mehreren Ursachen und Vorbedingungen zusammenhing. Als der „kurpfälzische Forstmeister links des Rheins", Philipp Velmann, im Auftrag des Kurfürsten Friedrich IV" die kurpfälzischen Wälder „beforchte", schrieb er in der Schlußbeurteilung des Stiftswaldes, daß der Ertrag dieses Waldes unbefriedigend sei, weil „keine Triftmöglichkeit in Richtung Vorderpfalz" bestehe. Erst 200 Jahre später konnte ein solcher Transportweg benutzt werden.

Im 17. Jahrhundert waren Bemühungen, weitere Triftwege zu erschließen, mit örtlich sehr unterschiedlichen Erfolgen betrieben worden. Schwierigkeiten ergaben sich vor allem durch die besitzrechtliche Zerrissenheit der Pfalz, die zuletzt unter 14 Territorialherren aufgeteilt war, wobei viele kleinere Gebiete sogar gleichzeitig mehreren Herrschaften gehörten. Der letzte pfälzische Kurfürst, Karl Theodor, der jedoch 1777 das Wittelsbacher Erbe in München antreten mußte, hatte im Rahmen seiner wirtschaftsfördemden Bestrebungen auch das Trift- und Floßwesen sehr gefördert. Er ließ Floßkanäle vom Rehbach und der Isenach nach Frankenthai anlegen, wo ein Schiffsanschlußkanal zum Rhein bereits gebaut worden war. Er sorgte für eine kurpfälzische Bach- und Floßordnung und ernannte einen kurpfälzischen Triftmeister mit Sitz in Neidenfels.

In den siebziger Jahren des 18. Jahrhunderts schuf die Kurpfalz einen Triftweg, um die Kochsalzgewinnung in Kreuznach — damals noch kurpfälzisches Oberamt — und Münster am Stein mit Brennholz aus dem Reichswald bei Lautem betreiben zu können. Dazu wurde die Lauter entsprechend hergerichtet. Der Bollerplatz dürfte dort gewesen sein, wo sich einst die alte Kläranlage der Stadt Lautem befand. Der Glan und die Nahe waren vermutlich ohnehin schon für die Trift geeignet. In den Salinen rieselte das salzhaltige Wasser zur Anreicherung durch hohe Reisigwände, um dann in holzbeheizten Pfannen durch Verdampfen das trockene Kochsalz zu liefern. Der Holzverbrauch war bedenklich hoch und betrug bis zu 5000 Klafter jährlich. Später dienten die Salinen bis in unsere Zeit als Kurmittel dem Badebetrieb, weil man in deren Nähe die salzhaltige Luft einatmen konnte. Im Landstuhler Bruch wurde vom Einsiedlerweiher her über einen Floßkanal und den Moorbach Anschluß an den Glan geschaffen. Vermutlich wurde auf diesem Weg auch Torf transportiert, der — getrocknet — als billiges Brennmaterial noch zu Zeiten des Ersten Weltkrieges geschätzt war, wenn auch sein Heizwert weit unter dem der Steinkohle lag. Während der Koalitionskriege und zu Beginn der Eroberung durch Frankreich lag das Triftwesen in der Pfalz zunächst völlig still. Kaiser Napoleon, der sich auch für das Forstwesen mehrfach besonders einsetzte, vollzog 1807 im Kriegslager zu Warschau ein Dekret über das Flößen und Triften auf Bächen und Kanälen aus dem Neustadter Tal und seinem Einzugsgebiet, das 34 Artikel umfaßte.

Als das Königreich Bayern 1816 Salzburg und das Innviertel an Österreich zurückgeben und dafür im Tauschweg die Pfalz übernehmen mußte, erlebte das Triftwesen unter der nunmehr bayrischen Forstverwaltung einen großzügigen und umfangreichen Aufschwung. Es wurden weite Bachstrecken kanalisiert, zahlreiche Wooge angelegt, durch viele Wehre Gefälle ausgeglichen, Holzabladeplätze gebaut und Holzhöfe eingerichtet. Die Oberleitung hatte das Triftamt in Neustadt mit Triftmeisterstellen in Elmstein und Annweiler. 1850 betrug die Gesamtlänge der Triftbäche rund 150 km und wurden etwa 80 000 Ster Holz befördert. Es wurde im Winter geschlagen, luftdurchlässig aufgesetzt, im Herbst zu den Bollerplätzen gebracht und im zeitigen Frühjahr bis Ende April absatzweise getriftet, wozu ausgebildete Woogmänner und Triftmannschaften eingesetzt werden mußten.

Im Rahmen dieses großen Programms hatte man auch im Raum Kaiserslautern neue Trift-Wasserwege erschlossen. Zeitangaben für die jeweilige Inbetriebnahme konnten nicht gefunden werden, weil dazu ein zeitraubendes und zweifelhaftes Suchen in alten Forstakten nötig gewesen wäre, die leider nur bruchstückweise erhalten geblieben sind. Sicher dürfte aber sein, daß diese Wasserbauvorhaben in der Zeit zwischen 1822 bis 1830 durchgerührt wurden. Wenn man auf der topographischen Karte 1:25 000 Nr. 6513 Hochspeyer die Trasse der Bundesstraße 37 von dem Abzweig der B 48 ab nach Osten verfolgt, findet man in etwa 1,2 km Abstand die Angabe „Franzosenwoog", und sieht, daß diese Straße früher hier in einem nördlichen Umgehungsbogen verlief und zwar um diesen Woog herum, der einst für die Trift vom dort beginnenden Hochspeyerbach aus angelegt worden war. Als man später sich der Güterzüge auf der 1848 erbauten Eisenbahnlinie im Neustadter Tal bedienen konnte, wurde der Franzosenwoog trockengelegt und die Trasse der B 37 in gerader Linie vorbeigeführt. Die Bezeichnung Franzosenwoog steht nicht im Zusammenhang mit der Trift, sondern mit weiteren gleichartigen Ortsbezeichnungen südlich des Tals wie „Franzosenkopf, Franzosenhalde und Franzosental", die auf Kämpfe in den Koalitionskriegen bezogen sind.

Weiter südlich verlief eine weitere Triftstrecke, die durch den Ausbau des Leinbachs hergestellt werden konnte. Sie begann westlich unweit von Waldleiningen und mündete am Auslauf des Leinbachtals etwa l km südlich von Frankenstein in den Hochspeyerbach. Dort befand sich auch die „Bordmühle an der Kehre", die, vor einigen Jahren leider aufgegeben, vermutlich ein altes Sägewerk war. Waldleiningen entstand erst durch eine Verordnung des Fürsten Karl Friedrich Wilhelm von Leiningen vom 12. Oktober 1785, nachdem die Doppelherrschaft Falkenburg in der Weise aufgelöst worden war, daß das Herzogrum Zweibrücken den Falkenburger Wald als Alleinbesitz erhielt und das Fürstentum Leiningen die drei Frankenweiden (obere, mittlere und untere). Vor der Dorfgründung war dort der Leinhof schon Sitz eines gemeinsamen Försters. Auf dem Leinbach wurde in den Triftjahrzehnten des 19. Jahrhunderts viel Holz aus seinem großen Einzugsgebiet Stiftswald, Stüterwald und ehemalige Mittlere Frankenweide in die Vorderpfalz transportiert. An diese Trift erinnert auch die Ortsbezeichnung „Stall" an der Kreuzung der Kreisstraße Lauterspring - Waldleiningen mit der Bundesstraße 48, festgehalten auf einem Ritterstein. Das Holz für die Leinbachtrift mußte mit pferdebespannten Wagen zum Bollerplatz gebracht werden. Um die tägliche weite An- und Rückfahrt zum heimatlichen Fuhrhof zu ersparen, waren damals dort oben Stallungen errichtet worden, wo vermutlich nicht nur die Pferde eingestellt wurden, sondern auch die Fuhrleute öfters übernachteten. Das Wasser zum Tränken konnte vom nahen Dammbrunnen einige hundert Meter westlich vom Harter Kopf geholt werden.

Im südlichen Bereich von Kaiserslautern waren der Schwarzbach und die Moosalb zum Triften geeignet. Bei der Moosalb mußte mit Rücksicht auf die Hütten- und Eisenwerke im Karlstal auf den oberen Teil des Bachlaufs verzichtet werden. Nach­dem dieser kleine Industriebetrieb selbst große Mengen Holz zur Gewinnung von Holzkohlen verbrauchte, konnte der Triftbetrieb vermutlich erst aufgenommen werden, als die Eisenverhüttung und -Verarbeitung eingestellt worden war. Für den Transport von Holz aus den großen Wäldern beiderseits des Schwarzbachtales — Gräfensteinerwald und Hombacherwald — war der lange wasserreiche Weg sehr vorteilhaft. Triftwoog könnte der Pferdebrunnenweiher am Beginn des Oberlaufes gewesen sein, der, aus den Zuflüssen von der Burgalbspreng und der Pferdsbrun­nenquelle gespeist, während der Verwendung des Lauberwaldes für die Pferde­zucht durch die kurpfälzische geistliche Güteradministration als Tränke diente. Der so großzügig von der bayerischen Forstverwaltung eingerichtete Triftbetrieb war aber auch mit vielen negativen Erscheinungen verbunden. Durch Diebstahl, Zersplittern, Versinken und andere Einwirkungen traten laufend spürbare Ver­luste auf. Mit den Wasseranliegern gab es oft Reibereien. Die Industrie in den Tälern bekämpfte den lästigen Triftbetrieb. Durch den Bau der neuen Eisenbahnli­nien Bexbach — Rheinschanze (Vorläufer von Ludwigshafen) und Zweibrücken -Landau — Speyer/Wörth entstanden konkurrierende Transportunternehmen, die dem Triftbetrieb auf größeren Abschnitten in mehrfacher Hinsicht überlegen wa­ren. Hinzu kam, daß die in laufend zunehmendem Umfang verfügbare Steinkohle vergleichsweise billiger war und die fallenden Holzpreise die Triftkosten nicht mehr erbringen konnten. Ab 1880 wurde die Aufhebung der Trift erwogen, nach­dem nur noch 30 000 Ster anfielen, die bis 1900 auf 2 000 absanken. Letztmals wur­de 1902 von Speyerbrunn und Elmstein getriftet. Die formelle Aufhebung wurde durch Ministerialbeschluß 1906 angeordnet. Die Wooge und Klausen wurden für Zwecke der Fischzucht abgegeben. Bei Wanderungen im Pfälzerwald kann man an vielen Bachläufen noch die Kanalisierung und die kunstvoll ausgeführten Wasser­bauten bewundern die in ihrer hervorragenden Qualität ohne Instandsetzungen diesen langen Zeitraum überstanden haben und steinerne Zeugen einer interes­santen Periode der heimatlichen Wald- und Forstgeschichte sind.

WALTER FRENZEL Dipl.Ing. (FH) Ebertsir. 64-Tel. 06311 42235 6750 KAISERSLAUTERN

 

 

 

 

 

 

 


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