3- Geschichte des Triftwesens
               
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JENTSCH, Christoph &  LUKHAUP, Rainer: Die Holztrift im Biosphärenreservat Naturpark Pfälzerwald als ein traditionelles Element der Kulturlandschaft. In: Beiträge zur Landeskunde Südwestdeutschlands und angewandten Geographie (Dieter Anhuf & Christoph Jentsch, Hrsg.), Mannheimer Geographische Arbeiten, Heft 46, 1998, pp.33-48


Geschichte des Triftwesens im Pfälzerwald


Obwohl vor allem die regionale und heimatkundliche Literatur den Triftbetrieb auf verschiedenen pfälzischen Wasserläufen recht detailliert analysiert (v.a. MEYER 1994, WEBER 1975), sollen die Grundzüge dieses Wirtschaftszweiges hier im Hinblick auf erhaltenswerte Potentiale im Biosphärenreservat nochmals reflektiert werden. Holz als uralter Werk- und Brennstoff ist ein Wirtschaftsgut, das die Menschen von seiner Gewinnung bis zu seinem Verbrauch vor große Aufgaben stellt: Da Holz höchst selten an seinem Wuchsort in den Waldgegenden direkt verbraucht wird, ist es vom Punkt der Gewinnung zu dem der Verwendung zu transportieren. Gewicht und Sperrigkeit schränken die Transportmöglichkeit weiter ein. Die Tatsache, daß die meisten Holzarten auf dem Wasser schwimmen, begünstigt den Transport auf dem Wasserweg. Wenn dann die Richtung der Fließgewässer vom Ort der Gewinnung zum Ort des Verbrauchs weist, sind wie z.B. im Pfälzerwald die Vorbedingungen noch günstiger. Die Wasserstraße sollte darüber hinaus eine bestimmte Breite und eine Tiefe aufweisen, daß Baumstämme ohne Grundberührung transportiert werden können. Eine weitere Vorbedingung für die freie Trift ist ein gleichmäßiges Gefälle von 0,5 bis 1,5 % für nicht miteinander verbundene Hölzer; bei echter Flößerei, bei der Langholzstämme miteinander verbunden werden, sollte das Gefälle unter 0,5 % liegen.
Der Pfälzerwald gehört nicht eben zu jenen bewaldeten Mittelgebirgen, die durch ihre hohe Aufragung besonders viel Regen oder Schnee einfangen. Auch die Höhenlagen erhalten im langjährigen Durchschnitt nicht mehr als 700-800 mm Niederschlag im Jahr. Das Niederschlagsmaximum fällt in den Früh- bis Spätsommermonaten bei typischen Westwindwetterlagen. Der hier vorherrschende geologische Untergrund des Buntsandsteins besitzt gute Eigenschaften als Speicher für die eingetragene Feuchtigkeit und bewirkt einen verzögerten Abfluß, so daß die stärkste Wasserführung der Bäche erst vom ausgehenden Winter an gegeben ist. Quellen finden sich hier in etwas tieferen Lagen an wasserstauenden Horizonten. Die geringe Entfernung zum Oberrheingraben bedingt eine reiche Reliefgliederung in stark eingetiefte und verästelte Täler, die im Zentrum des Pfälzerwaldes in steilen Talschlüssen enden. Dieser Formenkreis stimmt nicht mit der heutigen Wasserführung und Erosionskraft der Bäche überein und ist demzufolge vor allem als eine vorzeitliche Bildung anzusehen.
Betrachtet man die Fließgewässer des Pfälzerwaldes nach ihren Eigenschaften, so ist unschwer zu erkennen, daß die für Trift oder Flößerei notwendigen Bedingungen nur teilweise erfüllt werden: Zu allen Jahreszeiten müssen für den Triftbetrieb größere Wassermengen zugeführt werden, als im normalen Abfluß vorhanden sind. Dies geschieht durch Aufstau in den Klausen, aus denen für den Transport von Holz jeweils ein Wasserschwall abgelassen wird. Der gewundene Lauf der Kleingewässer muß stellenweise durch festen Ausbau der Uferränder begradigt werden. Auch das genügt noch nicht für den Transport von Stämmen, die 2 m Länge überschreiten. Damit ist die Trift im Pfälzerwald ausschließlich Brennholz vorbehalten geblieben. Langholz, z.B. bis 40 m messende Holländertannen für den Schiffsbau, sind ausschließlich durch Pferde zu Fuhrwerken geschleppt worden, um möglicherweise am Rhein in Flöße eingebunden zu werden.
Die Ausbaumaßnahmen von Klausen, Schwellwasserteichen und entsprechenden Auffangwerken am Bestimmungsort waren recht aufwendig, denn neben Erddämmen oder Holzkonstruktionen waren vielfach Steinbauwerke mit verschließbaren Schleusen notwendig, die im Pfälzerwald zumeist in der Blütezeit der Trift in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden sind.
Stellenweise wurde es notwendig, einen Triftkanal an einem wasserspeichernden Teich vorbeizuführen, der einen Wasserschwall im weiteren Unterlauf ermöglichte. Auch solche Anlagen, wie sie in Speyerbrunn und an der alten Schmelz bei Elmstein noch erkennbar sind, erforderten einen besonderen technologischen Standard.

Triftanlage an der Speyerbachquelle (Speyerbrunn)

MEYER (1994) gewinnt den aufwendigen Baumaßnahmen zur Trift noch einen weiteren Gesichtspunkt ab: Sie können im beginnenden 19. Jahrhundert mit der existenzbedingten Abwanderung der Bevölkerung auch als eine staatlich gelenkte Arbeitsbeschaffungsmaßnahme gesehen werden.
Eine weitere Erschwernis des Triftbetriebs liegt im unterschiedlichen Gefälle der Triftbäche im Pfälzerwald begründet. Die Oberläufe der Bäche haben auf einer Strecke von etwa 100 m Höhen von 4 bis 5 Metern zu überwinden, bei denen natürliche Stufen zur Auskolkung durch das fließende Wasser führen würden. Hier muß das Bachbett vollständig auch am Grund mit Schrägen ausgemauert sein, die als "Riesel" bezeichnet werden. Am Beispiel des Kleinen Legelbaches kann dies belegt werden, an dem sich auf einer Strecke von nur zwei Kilometern über 20 solcher künstlicher Rieseln befinden.

Riesel am Legelbach (Foto von oben)

 

Situation und Profil des Laufes des Kleinen Legelbachs, auf das Bild klicken für Vergrösserung

Holztrift und Flößerei haben ein hohes Alter in der Menschheitsgeschichte. Bereits im Alten Testament, im 1. Buch der Könige, Kapitel 5, ist zu erfahren, daß beim Tempelbau Salomons die Bauholzanforderung an Hiram, den König von Tyros, erging, Zedern- und Zypressenholz aus dem Libanon zu beschaffen, was auf dem Wasserweg vor sich ging. Ebenso ist die Flößerei aus dem Römischen Reich bekannt geworden.
Für den Pfälzerwald ist ein Abkommen über die Ausübung der Flößerei zwischen den Oberhaingeraidegemeinden und der Stadt Landau im Jahre 1295 überliefert. Eine Floßholzlegereiordnung für den Holzhof in Neustadt aus den Jahren 1320 bis 1330 belegt diese Transportart auch für das Einzugsgebiet des Speyerbaches. Anforderungen von Abgaben der Flößer an die Verwaltung der Kurpfalz begegnete König Ruprecht III im Jahre 1403 mit dem Privileg der Stadt Neustadt zur Flößerei, der sogenannten "Bachfreiheit". Zahlreiche Floßbäche werden 1601 von Forstmeister Vellmann in seiner Waldbeschreibung erwähnt, so daß man den Holztransport auf vielen Gewässern des Pfälzerwaldes seit dem Mittelalter als gesichert ansehen kann.
Weitere Floßordnungen, z.B. im Jahre 1555 für Neustadt, zeigen an, daß bereits zu diesem frühen Zeitpunkt klare Regelungen über Kosten und Preise, über die Zeiten der Trift, den Betriebsablauf/ Strafen für Vergehen und Entschädigungen bei Nutzungskonflikten getroffen worden sind. Mitte des 18. Jahrhunderts steht unter Kurfürst Carl Theodor der Triftbetrieb in hoher Blüte, und das Transportnetz wird durch Verbindungsgräben in der Ebene bis zum Rhein erweitert.
In der Periode unter französischer Verwaltung vom ausgehenden 18. Jahrhundert bis zur Übernahme der Pfalz durch Bayern wurde die Regulierung des Triftwesens etwas vernachlässigt, obwohl Kaiser Napoleon 1807 ein sehr umfangreiches Dekret herausbrachte, das Monopole für die Holzkompanien schuf.
In der nachfolgenden bayerischen Zeit wurde anfänglich versucht, die Trift zumindest auf dem Speyerbach in staatliche Regie zu nehmen. Aber noch in der Ausbauzeit bis um die Mitte des 19. Jahrhunderts deutete sich der Niedergang an, der von den technischen Neuerungen der Eisenbahn und der Steinkohleverwendung verursacht wurde. Auch die Zielsetzungen der bayerischen Forstpolitik waren erheblich verändert:
Bestehende Waldweidenutzungen wurden abgelöst, die Waidbauernhöfe aufgekauft und niedergelegt und mit neuen schnellwüchsigen Baumarten aufgeforstet.

 

 

 

 

 

 

 


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