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Das DEUTSCHE SCHIFFAHRTSARCHIV ist die wissenschaftliche
Zeitschrift des Deutschen Schiffahrtsmuseums. Es erscheint seit 1975, ab 1980
jährlich.
Redaktion: Dr. Uwe Schnall.
Deutsches Schiffahrtsmuseum
Van-Ronzelen-Straße
D-2850 Bremerhaven
Ernst Kabel Verlag GmbH Sierichstraße 21 D-2000 Hamburg 60
SCHIFFAHRT AUF KLEINEN FLÜSSEN
Nebenflüsse des Oberrheins und des unteren Mains im ersten Jahrtausend n.Chr.
(ohne Neckargebiet und Gebiet des "Odenwaldneckars"), AUTHOR MARTIN
ECKOLDT
Nachdem in den beiden ersten Teilen dieser Aufsatzreihe der Neckar mit seinen
Nebenflüssen und die Gewässer im Bereich des Odenwaldneckars (2), also die
rechten Nebenflüsse des Oberrheins vom Neckar bis oberhalb der Mainmündung,
daraufhin überprüft worden sind, wie weit sie in der Römerzeit und im frühen
Mittelalter zur Schiffahrt benutzt worden sein können, sollen nun in gleicher
Weise die übrigen Nebenflüsse des Oberrheins und des unteren Mains untersucht
werden (Abb. 1).
Von ihnen sind einige als eigenständige Wasserstraßen zu betrachten, indem sie
eine am Rhein gelegene Stadt mit den Steine und Holz liefernden Randgebirgen des
Oberrheintals verbinden (Breusch, Speyerbach); andere sind in Verbindung mit der
großen Wasserstraße des Rheins zu sehen, weil die Güter mit oder ohne
Umladung auf ihr ankamen oder weiterbefördert wurden. So ist auch ein kurzer
Blick auf die Fahrwasserverhältnisse des Rheins am Platze.
Talschiffahrt war zu allen Zeiten auf der ganzen Strecke von Basel an (und auch
vom Hochrhein her) möglich und in Gang, weil die Schiffe mit der Strömung
fuhren und bei geschickter Steuerung den besten Talweg fanden. Dagegen war die
Bergfahrt sehr erschwert, besonders im oberen Abschnitt oberhalb von Straßburg,
weil das Flußbett in zahlreiche, sich ständig verändernde Arme aufgespalten
und die Anlage eines Leinpfads daher unmöglich war. Im 18. Jahrhundert hatte
die Bergschiffahrt nach Basel ganz aufgehört (3,4), in älterer Zeit muß sie
aber betrieben worden sein, wie aus verschiedenen Überlieferungen zu entnehmen
ist (Pilgerreisen von Nordeuropa nach Rom über Basel (5), legendäre Fahrt der
Hl. Ursula von Köln nach Basel, Statuten der Straßburger Schiffer). (6)
Bei der Untersuchung der Nebenflüsse auf Schiffbarkeit wurde dasselbe
Rechenverfahrcn angewandt wie bei den vorangegangenen Teilaufsätzen (1,2),
wobei die Diagramme wichtigstes Hilfsmittel sind (Abb. 2); ausführlich
beschrieben ist es in dem Buch des Verfassers "Schiffahrt auf kleinen
Flüssen Mitteleuropas in Römerzeit und Mittelalter". (7) Dort sind auch
einige der zum Thema des vorliegenden Aufsatzes gehörenden Flüsse bereits
eingehend behandeil worden, so daß hier eine kurze Zusammenfassung genügen
konnte; doch sind die gewässerkundlichen Zahlen nach neu vorliegenden
Jahresreihen dem derzeitigen Stand angepaßt worden.

1.2. Breusch (Bruche)
Wenn auf der 1371-73 entstandenen Ebstorfer Weltkarte (18), die, von England bis
Indien reichend, die ganze damals bekannte Welt darstellte, bei Straßburg die
Breusch als Priscus fl. erscheint (Abb. 3), nicht dagegen die Ill, wird
ersichtlich, welche Bedeutung dieser an sich kleine Fluß für Straßburg gehabt
haben muß. Das Wichtigste war wohl die bequeme Anfuhr von Bausteinen aus den
Vogesentälern, z.B. für den Dombau. Es kann als sicher gelten, daß diese
Situation schon den Ausschlag gab bei der Ortswahl für das römische Kastell
Argentorate, aus dem die Stadt Straßburg hervorgegangen ist. An der Breusch
kurz vor Straßburg wurden 1938/39 Spuren eines Hafens und die sog. Lastflöße
oder besser Schwimmplatten gefunden, die als für den Transport von Steinen
bestimmt angesehen werden.19 Dies wäre so zu denken, daß diese Platten von im
Wasser gehenden Männern gezogen oder geführt werden. (20) Der Hafen war von
ca. 50 bis 180 n.Chr. in Betrieb (19). Aus einem Schöffenbeschluß von 1402
sind die Bemühungen der Stadt zu ersehen, die Schiffbarkeit der Breusch im
Benehmen mit dem Bischof von Straßburg zu verbessern. (21)

Abb. 3 Ausschnitt aus der Ebstorfer Weltkarte. Speyer in Bildmitte, Straßburg
rechts daneben. Nach der Kopie im Museum Lüneburg. (Foto W. Krenzien,
Lüneburg)
Die Franzosen haben nach Einnahme der Stadt 1681 sofort damit begonnen, die
unzulängliche Breuschschiffahrt durch den noch bestehenden Canal de la Bruche
zu ersetzen. (22)
Die kennzeichnende Wasserführung der Breusch ist mit 7,6 m³/s anzunehmen, das
Gefälle mit 1,42 Promille; nach Diagramm 2 hätte man mit über 80 cm
Wassertiefe rechnen können, was durchaus genügt hätte. (22)
1.3. Lauter
An der Lauter, deren Unterlauf die Grenze zwischen dem Elsaß und der Pfalz und
damit zwischen Frankreich und Deutschland bildet, liegt, etwa 22 km oberhalb der
Mündung in den Rhein, Weißenburg (Wissembourg). Diese Stadt wurde schon unter
den Merowingern genannt und war Sitz einer von Dagobert II. (656-678)
gestifteten, später reichsunmittelbaren Abtei. Für sie wäre eine
Schiffsverbindung mit dem Rhein sicher von Nutzen gewesen, die kennzeichnende
Wasserführung der Lauter am Pegel Bobenthal, wenige Kilometer oberhalb von
Weißenburg gelegen, beträgt, auf die Zeit vor 900 bezogen, 2,23 m³/s. (23)
Das mittlere Gefälle zwischen Weißenburg und der deutschen Grenze bei
Lauterburg beträgt 1,83 Promille (24), so daß an ungünstigen Stellen mit 2,5
Promille zu rechnen sein wird. Hierfür ergibt sich nach Diagramm 2 einev
1.4. Queich
An der Mündung in den Rhein liegt Germersheim, schon in der Römerzeit eine
Stadt namens Vicus Julii. Zur Versorgung mit Brauchwasser, zum Füllen von
Verteidigungsgräben, zum Mühlenbetrieb uind wohl auch zum Herabflößen von
Brennholz war die Queich sicher nützlich; ob auch zur Schiffahrt, ist nicht
erwiesen, bleibt aber zu vermuten. Am Austritt der Qucich aus dem Pfälzer Wald
bei Albersweiler, 31 km von der Mündung entfernt, wird Granit abgebaut. Mit dem
als nächsten Fluß zu besprechenden Speyerbach teilt die Queich die
Besonderheit, daß ihr Lauf im unteren Teil etwa ab Zeiskam künstlich angelegt
worden sein muß.
Schimpf schreibt (27):
Von anderen Städten dieses Raumes sind keine Wasserbauten solcher Art
nachgewiesen, doch sind sie zu vermuten. Der VICUS Julius, sehr wahrscheinlich
das heutige Germersheim, ist ja in einer verblüffend ähnlichen Situation wie
Speyer. Auch hier ist der Bach, die Queich, aus seinem eigentlichen Bett heraus
auf den, allerdings nicht terrassierten, Hochufervorsprung geleitet, auf dem die
Siedlung ihren Kern hat. Der künstliche Kanal ist - noch weit eindrucksvoller
in seiner Tiefe und Breite als der Speyerbach -im Wald westlich von Germersheim
in seinem Lauf in Richtung auf die Stadt zu verfolgen, wohl das imposanteste
Projekt dieser Art in unserem Raum, aber unbekannt in seiner Herkunft, wie der
Speyerbachkanal. Als kennzeichnende Wasserführung der Queich ist 1,56 m³/s
anzunehmen (28); das Gefälle beträgt ausgeglichen (29) 1,83 Promille, maximal
in dem flachen Tal kaum mehr, also etwa 2 % Promille. Hierfür ergibt Diagramm 2
eine Wassertiefe von 50 cm, die den Verkehr mit Schwimmplatten wie bei der
Breusch ermöglicht haben könnte. Die Entstehungsgeschichte des künstlichen
Queichunterlaufs und die näheren Umstände einer vermuteten Queichschiffahrt
aufzuhellen, sei als dankbares Arbeitsfeld den regional zuständigen
Archäologen und Historikern ans Herz gelegt.
Übrigens haben die Franzosen 1688 für den Bau der Festung Landau einen 7 km
langen Seitenkanal gebaut, der in Albersweiler beginnt; ähnlich wie bei der
Breusch haben sie sich nicht mit der oft unzureichenden Wassertiefe der
natürlichen Wasserstraße zufrieden gegeben. (30) Der Kanal ist bis auf geringe
Reste verschwunden.
1.5. Speyerbach
Der Speyerbach tritt bei Neustadt an der Weinstraße aus dem Pfälzer Wald in
die Oberrheinebene aus. Von dort bis zur Mündung in den Rhein bei Speyer ist er
noch rund 25 km lang; davon trägt die untere Hälfte (ab Geinsheim)
unverkennbare Merkmale künstlicher Entstehung:
Er fließt nicht in den Talmulden, sondern folgt den Höhenlinien, er überquert
Bäche und führt zwischen Dämmen meterhoch über dem Gelände hin. In Speyer
führt er auf den Hochgestadesporn zu, der schon das römische Nemetum getragen
hat und später die mittelalterliche Stadt, die heutige Altstadt. Kurz vor dem
Ende dieses Geländesporns biegt der Bach, hier Gießhübel genannt, links (nach
Norden) ab, trieb bis vor einigen Jahrzehnten im Hinabstürzen in die Rheinaue
um etwa 7 m Mühlen an und vereinigt sich mit dem ein natürliches Tal
benutzenden Woogbach." Das natürliche Tal, in dem der Speyerbach
ursprünglich von Geinsheim an abgeflossen ist, ist in der flachen, aber in der
Landschaft deutlich erkennbaren Talrinne zu erblicken, die von Geinsheim
nordostwärts bis Schifferstadt zieht und jetzt vom Ranschgraben entwässert
wird. H. Schimpf hat diesen Befund, der sich schon bei Betrachtung der Karte
aufdrängt, durch zahlreiche Begehungen und durch Aufnahme von Längs- und
Querprofilen erhärtet.
Wie wichtig man den Speyerbach nahm, zeigt, daß er in der 1371-73 entstandenen
Ebsdorfer Weltkarte als Spira fluvius eingetragen ist, ähnlich wie die Breusch
bei Straßburg (s. Abschn. 1.3. Breusch). Hier wie dort ist die Eintragung nur
bei Verwendung zur Schiffahrt verständlich; Wasserleitungen und Mühlgräben
gab es damals schon überall. In der örtlichen Geschichtsschreibung ist unter
verschiedenen Auffassungen über die Zweckbestimmung des Baches die
vorherrschend, daß er vor allem um Antransport des Steinmaterials für den
Dombau (seit 1030) gedient habe (31); es wurde danach von den Steinbrüchen an
der Haardt mit Schiffen herangebracht. Ein Teil der Steine des Doms stammt zwar
vom Neckartal, sie sind von violettroter Farbe und sehr hart. Daneben sind aber
in den noch original erhaltenen östlichen Teilen des Doms im Wechsel mit diesen
roten auch gelbe Steine eingebaut, wie sie in Steinbrüchen der Haardt zwischen
Neustadt und Grünstadt gewonnen werden; berühmtestes Beispiel sind die Steine
des sog. Kriemhildenstuhls (s. Abschn. 1.6. Isenach).(32)
Diese Steine sind es also, die vermutlich auf dem Speyerbach nach Speyer
gebracht worden sind. Aus demselben gelben Sandstein bestehen aber auch die
römischen Steine (Altäre und dergl.), die in Speyer gefunden worden
sind." Die schon 1662 aufgestellte Hypothese", daß der Speyerbach
nicht erst im Mittelalter, sondern schon von den Römern angelegt worden sei,
ist von H. Schimpf 1966 mit überzeugenden Gründen allen anderen Möglichkeiten
gegenüber vertreten worden." Das wichtigste Argument dabei ist, daß der
Name Speyer in der Form Spira schon im 6. Jahrhundert gebraucht wird, und zwar
für das am (heute so genannten) Woogbach etwa 1 km nördlich des heutigen
Stadtzentrums entstandene frankische Dorf, später Altspeyer genannt. (34) Nun
hat der Speyerbach diesen seinen Namen schon im Oberlauf im Pfälzer Wald, und
2,5 km östlich Neustadt a.W. liegt Speyerdorf. Der Name Speyer hat sich also
von der Mündung in den Rhein bachaufwärts bis zur Quelle ausgedehnt. Das kann
er aber nur dann getan haben, wenn der Bach schon im 6. Jahrhundert seinen
jetzigen Laut nahm; wäre die Verlegung aus dem ursprünglichen in den jetzigen
Unterlauf später vorgenommen worden, so hätten Oberlauf und Speyerdorf längst
andere Namen bekommen, die zu ändern kein Grund bestanden hätte.
War aber der Speyerbach im 6. ]ahrhundert schon vorhanden, so kann er damals
nicht neu gewesen sein, denn zu so großzügigen Wasserbauten war diese Zeit
sicher nicht in der Lage. Man kommt so zwangsläufig auf die Zeit der
Römerherrschaft, die In Speyer um 400 zu Ende ging." Der Speyerbachkanal
war nicht nur als Transportweg wichtig, sondern auch zur Wasserversorgung,
vielleicht zur Speisung einer Schwemmkanalisalion und von Verteidigungsgräben,
und für den Mühlenbetrieb unentbehrlich." Daß die Romer in Wasserbauten
große Erfahrung und Übung halten, haben sie im römischen Germanien mehrfach
bewiesen; man denke nur an die Wasserleitungen von Köln, Mainz und Trier und an
die Weschnitzumleitung.(36)
Über die Bedeutung des Namens Speyer sind viele Theorien autgestellt worden;
der Verfasser möchte die folgende, die ihm besonders einleuchtend erscheint,
zur Diskussion stellen:
Der Absturz des Speyerbachs in die Rheinaue muß nach dem Verfall der römischen
Mühlen eine Art Kaskade gebildet haben. Die Mühlenanlage dürfte eine gewisse
Ähnlichkeit mit der von Barbegal bei Arles gehabt haben, nur daß dort der
Wasserzufluß durch Zerstörung des Aquädukts aufgehört hat; auch war der
Absturz in Speyer wohl nicht so steil wie in Barbegal.
Eine solche Kaskade hatte in der ganzen Oberrheinebene nicht ihresgleichen. Nun
ist es bekannt, daß man bei Namensgebung neu gegründeter Ortschaften sich
unterscheidender Merkmale bediente, wobei man nicht einmal große Ansprüche an
Seltenheit stellte. Die vielen Münden, Gmünd, Gemunden usw. sowie die
unzähligen Namen, die mit Kirche oder Mühle zusammengesetzt sind, beweisen es.
So mußte es durchaus naheliegen, das Dorf nach der rund 800 m entfernten
Kaskade zu nennen, wobei "Speier" so viel wie Spucker, Sprudler
bedeutet.
Nannte man das neue Dorf "beim Speier", so ergab sich der Name für
den Bach, der dem Speier das Wasser zuführte, von selbst: Speierbach. Den
Beginn der Schiffbarkeit und damit den Ladeplatz kann man an der Kreuzung der am
Fuße der Haardt hinführenden Römerstraße (ungefähr der jetzigen Weinstraße
entsprechend) mit dem Speyerbach bei dem jetzigen Neustadt/Weinstrasse vermuten.
Diesen Platz anhand von Funden festzustellen, sei der örtlichen
Geschichtsforschung als lohnende Aufgabe empfohlen.
Der Speyerbach gibt gegenwärtig von der Wasserführung, die er bei Neustadt
besitzt, an zwei Stellen, den Teilungswehren Winzingerscheide und
Hanhoferscheide, 1/3 bzw. 1/2 an abzweigende Wasserläufe (Rehbach bzw.
Woogbach) ab.(38) In der Römerzeit und im frühen Mittelalter dürften solche
Abzweigungen nur in Form von Ausuferungen bei Hochwasser bestanden haben. So
kann für Schiffahrtszwecke auf dem ganzen Lauf mit der bei Neustadt vorhandenen
Wasserführung gerechnet werden. Die kennzeichnende Wasserführung QK beträgt
dort, auf die Zeit 0-900 n.Chr. umgerechnet, 2,05 m3/s, für die Zeit 900-1200
1,62 m3/s.(39) Das Gefälle wird aus den Angaben im Hydrologischen
Flußlängsschnitt38 über die Sohlhöhen ermittelt.
In der unteren Strecke von der Hanhoferscheide bis zum Pegel Speyer (vor dem
Eintritt in das Stadtgebiet) beträgt das Gefälle I = 0,34 Promille, die
Spiegelbreite B = 5,5 m (32), so daß sich mit Diagramm l eine Wassertiefe h =
1,20 bzw. 1,08 m ergibt, was beides für Schiffahrtszwecke völlig ausreicht.
In der oberen Strecke von der Winzingerscheide bis zur Frohnmühle beträgt das
Gefälle 2,19 Promille. Nach Diagramm 2 wäre h hier nur 56 bzw. 52 cm.
Abgesehen davon, daß die mit dem Rechenverfahren unvermeidbar verbundenen
Unsicherheiten auch größere Tiefen nicht ausschließen40, sind folgende Mittel
denkbar, die Schiffahrt auch bei so geringer Tiefe zu ermöglichen: Einengen des
Flußbetts, Beschränkung auf Zeiten erhöhter Wasserführung und Abgeben von
Zuschußwasser aus Speicherbecken im engen Speyerbachtal oberhalb von Neustadt.
Es empfiehlt sich, hierzu eingehendere Untersuchungen anzustellen.
1.6. Isenach
Für diesen kleinen Fluß, der bei Bad Dürkheim aus dem Pfälzer Wald
heraustritt und nach etwa 20 km Lauf bei Frankenthai in den Rhein mündet,
bestehen gleich zwei Gründe, eine Befahrung mit Schiffen in alter Zeit
anzunehmen:
Zum einen befindet sich am Kästenberg, westlich von Bad Dürkheim, der als
Kriemhildenstuhl bekannte römische Steinbruch, wo der rötliche Buntsandstein
der Haardt abgebaut wurde. Schon 1960 vertrat J. Röder die Ansicht, daß dieser
und benachbarte Brüche ohne "Floßbarmachung" der Isenach kaum so
intensiv auszubeuten gewesen wären, wie es geschehen ist.(41) Offenbar hat er
an die Verwendung von "Lastflößen" wie auf der Breusch (s. 1.2.)
gedacht, die wir zutreffender Schwimmplatten genannt haben. Zum ändern enthält
das Urbar der Abtei Weißenburg im Elsaß zwei Einträge, die sich auf
Agridesheim beziehen und eine Verpflichtung besagen, mit dem Schiff zu fahren.
Agridesheim wird mit Eiersheim gleichgesetzt, einem Ort an der Isenach, von dem
nur noch der Eiersheimer Hof und die Eiersheimer Mühle bestehen". Es ist
somit wahrscheinlich, daß die Schiffe auf der Isenach fahren sollten; doch
wäre es auch möglich, daß die Agridesheimer Leute verpflichtet waren, bei
Schiffstransporten auf dem Rhein mitzuwirken. Sehr wahrscheinlich klingt das
freilich nicht; die Entfernung zum Rhein beträgt 8 km, wenn man mit dem an
Ludwigshafen-Oggersheim vorbeifließenden Altrhein rechnet.
Im einzelnen sind diese beiden Argumente für eine Befahrung der Isenach vom
Verfasser schon an anderer Stelle ausführlich dargestellt worden41, so daß
diese kurzen Angaben hier genügen mögen.
Die kennzeichnende Wasserführung der Isenach beträgt bei Bad Dürkheim 0,30
m3/s (44), das Gefälle (45) etwa 1,6 Promille. Nach Diagramm 2 würde das nur
eine Wassertiefe von 32 cm ergeben. Eine Möglichkeit, bei so geringer
Wassertiefe Schwimmplatten, die mit Steinquadern beladen sind, die Isenach
hinabzuführen, muß mit Skepsis betrachtet werden, kann aber nicht von
vornherein ausgeschlossen werden. Angesichts der vielen unsicheren Annahmen, auf
denen die Berechnung beruht können auch günstigere Tiefen vorhanden gewesen
sein.
Was die Befahrung der Isenach ab Eiersheim im frühen Mittelalter anbelangt, so
nimmt die Wasserführung von Bad Dürkheim bis dorthin nur wenig zu, und das
Gefälle ist auch kaum kleiner (1,39 Promille).(45) Die Wassertiefe kann also
kaum größer gewesen sein als die oben berechneten 32 cm. Allerdings ist dieser
Teil der Oberrheinebene von zahlreichen offensichtlich erst in neuerer Zeit
angelegten Entwässerungsgräben durchzogen; es gibt da einen Seegraben und
einen Landschaftsteil Im Bruch (48), so daß im Mittelalter vermutlich
ausgedehnte Seen und Sümpfe vorhanden waren, die die Wasserführung der Isenach
gleichmäßiger gestaltet haben können. So muß auch hier eine Befahrung mit
Einbäumen und Nachen für immerhin möglich gehalten werden. Eine Suche nach
einer Verladestation bei Bad Dürkheim muß für nicht ganz aussichtslos
gehalten werden, weil dort Lagerplätze mit nicht verschifften Quadern und u.U.
Schiffsreste erwartet werden könnten. Bei Eiersheim können allenfalls Reste
von Einbäumen gefunden werden.
Um die Geschichte der Isenach als Transportweg zu Ende zu führen, sei hier noch
angemerkt, daß sie von Lambsheim bis zum Floßhof bei Frankenthal zur
Scheitholzflößerei benutzt wurde, seit 1740 der Floßgraben vom Rehgraben bei
Schifferstadt nach Lambsheim geführt worden war. (49) Außerdem wurde die
Isenach im Jahre 1580 aus ihrem natürlichen Lauf heraus in die Stadt
Frankenthal hineingeleitet, ähnlich einer holländischen Gracht ausgebaut und
als "Johann-Casimir-Kanal" oder Holländerkanal in den östlich der
Stadt parallel zu dem heutigen Rhein entlangziehenden Altrhein geführt. Dieser
Kanal verfiel im Dreißigjährigen Krieg; erst 1772-81 entstand der
schnurstracks zum eigentlichen Rhein durchgeführte Frankenthaler Kanal, der
jedoch im 20. Jahrhundert alle Bedeutung verlor und schließlich verfüllt
wurde."
20 Eckoldt (wie Anm. 7), S. 22f.
21 Eckoldt (wie Anm. 7), S. 75f.; Löper (wie Anm. 4), S. 88, 208f.
22 Eckoldt (wie Anm. 7), S. 75.
23 Nach dem Wasserwirtschaftlichen Rahmenplan Rheinpfalz, Rheinland-Pfalz
Ministerium für Landwirtschaft, Weinbau und Forsten - Abt. Wasserwirtschaft -
1982, Tab. 3. l. l .3 - T - (S. 180) beträgt für die Jahresreihe 1956/75 MQ
Jahr 2,44, MQ Sommer 2,25 mVs. Mittel 2,35 mVs, Faktor 0,95.
24 Nach den Höhenangaben im Hydrologischen Flußlängsschnitt,
Wasserwirtschaftlicher Rahmenplan (s.o.) B1.46, für die französische bzw.
deutsch-französische Flußstrecke.
25 Wassersportkarte Deutschland l :1 Mio. RV-Karte Nr.62, Stuttgart (Reise- und
Verkehrsverlag) 197l/ 72.
26 Walther, P.: Das Deutsche Flußwanderbuch 6. Aufl. Stuttgart-Untertürkheim
1932, S. 18.
27 Schimpf, H.: Zur Geschichte unseres Baches, Teil IV. In: Nikolaus von Weis
Gymnasium Speyer 1978. Dreijahresbericht der Schule... Seite 80-106, hier S. 88.
- Über die Teile I-III und Vs.Anm.31.
28 Nach dem Wasserwirtschaftlichen Rahmenplan Rheinpfalz (wie Anm. 23) ist am
Pegel Siebeldingen, 2 km unterhalb von Albersweiler, für die Jahresreihe
1956/75 MQ Jahr = 1,78 m³/s, MQ Sommer = l ,49 m³/s. Mittel l ,64 m³/s,
Faktor 0,95.
29 Nach den Höhenangabcn im Hydrologischen Längsschnitt (wie Anm. 24), B1.50.
30 Hanisch, H.H.: Der Albersweilerer Kanal bei Landau. Als Ms. vervielf. 1979.
Archiv Bundesanstalt für Gewässerkunde, Koblenz. - Geiger, M.: Der
Albersweilerer Kanal bei Landau - eine historisch-geographische Betrachtung. In:
Pfälzer Heimat, Nr. 4/1975, Seite 143-149. - Slotta, R.: Technische Denkmäler
in der Bundesrepublik Deutschland. Hrsgg. v. Bergbau-Museum Bochum 1975, S.
439f.
11 Schimpf, Hans: Zur Geschichte unseres Baches. In: Nikolaus-von-Weis-Schule
(ab 1978 Gymnasium) Speyer. Drei- (ab 1983 Fünf-Jahresberichte. Teil IJg. 1966,
S. 47-58; Teil II Jg. 1972, S. 49-66;Teil III Jg. 1975, S. 53-77; Teil IV Jg.
1978, S. 80-106; Teil V Jg. 1983, S. 51-A6. Pläne für den Stadtbereich bes.
Jg. 1978,S. 84 und 1983, S. 58.
12 Freundliche Mitteilungen und Hinweise von Dr. Schimpf, Speyer.
13 Schimpf (wie Anm. 31), Jg. 1966, S. 49.
14 Doll, Anton, in: Petry, L.: Handbuch der historischen Stätten Deutschlands.
Bd. 5, Rheinland-Pfalz
und Saarland. 3. Aufl. Stuttgart 1976. Art. Speyer. .5 Schimpf (wie Anm. 31),
Teil I 1966, S. 53-58. .6 Eckoldt (wie Anm. 2), S. 106-109.
7 Schnitter, N.: Wasserbauliche Exkursion in die Provence. In: Wasser-und
Energiewirtschaft 3/1972, S. 95ff. - Landeis, J.G.: Die Technik in der antiken
Welt. München 1979, S. 21, 25. - Sellin, R.H.J.: The large water mill at
Barbegal (France) - Le grand moulin ä eau romain de Barbegal. In: La Houille
blan-che No. 6-1981, S. 413-426 (englisch und französisch).
8 Wasserwirtschaftlicher Rahmenplan Rheinpfalz (wie Anm. 23), Bl. 51,
Hydrologischer Flußlängsschnitt Speyerbach/Woogbach und Bl. 49 Speyerbach km
0-8,3 (d.h. von der Hanhoferscheide bis zur Einmündung in den Woogbach).
9 Nach dem Wasserwirtschaftlichen Rahmenplan Rheinpfalz, II. Tabellen und
Abbildungen, S. 181, ist
für die Jahresreihe 1956/75 MQJahr = 2,25 mVs, MQ Sommer 2,08 mVs. Mittel 2,16m
Vs, mit Paktor
0,95 ist Qi, = 2,05 m'/s, mit 0,75 Q,, = l,62mVs. 3 Eckoldt (wie Anm. 7), S. 39,
47. l Röder, J.: Die Reiter von Breitfurt. In: Mitt. d. Hist. Vereins der Pfalz
58, 1960, S. 96-109. - ders.: Der
Kriemhildenstuhl. In: Festschr. 100 Jahre Hist. Museum der Pfalz. = Mitt. d.
Hist. Vereins der Pfalz
67, 1969, S. 110-132, 19 Tafeln.
' Zwischen Weisenheim am Sand und Birkenheide, Top. Karte l : 50000 Bl. L 6514,
Bad Dürkheim. i Eckoldt (wie Anm. 7), S. 82-84, und (wie Anm. 8), S. 172f.,
180f. ( Nach dem Wasserwirtschaftlichen Rahmenplan Rheinpfalz (wie Anm. 23)
beträgt für die Jahresreihe
1956/75 MQ Jahr 0,318 mVs, MQ Sommer 0,315mVs, Mittel 0,316mVs, Faktor 0,95. i
Nach den Sohlenhöhen im Hydrologischen Flußlängsschnitt (wie Anm. 24), Bl.
53. > Eckoldt (wie Anm. 7), S. 49-52.
47 Oberdorffer, K., in: Petry (wie in Anm. 34), Art. Oggersheim.
48 Topogr. Karte l: 25 000, Bl. 6515 Bad Dürkheim-Ost.
49 Weber, R.: Die Flößerei (Trift) auf dem Speyerbach. In: Westrich, K.-P.
(Bearb.): Neustadt an der Weinstraße. Hrsgg. von der Stadt Neustadt a.d.W. S.
637-^50, hier S. 644.
50 Christmann,V.: Der Frankenthaler Kanal. In: Frankenthai einst und jetzt, H.
3. Hrsg. Stadt Frankenthai. 1970, S. 8-16. - Slotta, R. (wie Anm. 30), S. 445f.
51 Staab, F.: Untersuchungen zur Gesellschaft am Mittelrhein in der
Karolingerzeit. In; Geschichtl. Landeskunde, Veröff. d. Inst. f. Gesch.
Landeskunde a.d. Univ. Mainz, Bd. XI, 1975, S. 106.-Beyer, H.:
Urkundenbuch zur Geschichte der ... mittelrheinischen Territorien, l. Bd.
Coblenz 1860, S. 198.-Die Übersetzung verdanke ich Herrn Dr. Staab. - Siehe
auch Biundo, G., in: Petry (wie Anm. 34), Art. Albisheim.
52 Der Kleine Pauly, Lexikon der Antike. Stuttgart/München 1964-75, Art. Modius
4. - Die Römer hatten in ihren Marktbasiliken Eichtische aus Stein mit
Aushöhlungen für die Hohlmaße, erhalten z.B. in Cuicul (jetzt
Djemila/Algerien).
53 Nach dem Großen Brockhaus enthielt der Scheffel 30-3001. In Preußen faßte
er nach der Regelung von 1816 54,962 l, in Sachsen 103,8 l, in Bayern 222,4 l.
Doch stand diese "Inflation" im Jahre 893 sicher erst am Anfang.
54 Nach freundlicher Auskunft der Bundesanstalt für Gewässerkunde in Koblenz
gibt das Deutsche Gewässerkundliche Jahrbuch, Rheingebiet I, Abflußjahr 1982,
für die Pfrimm am Pegel Albisheim nach der Jahresreihe 1967/82 als MQ für das
ganze Jahr 0,63, für den Sommer 0,42 mVs an. Mittel 0,52 mVs. Faktor 0,95.
55 Höhenlage nach der Topogr. Karte 1:100000 bei Albisheim 164m, oberhalb
Monsheim 141 m, Entfernung 3,6km.
56 Eckoldt (wie Anm. 7), S. 45, 71.
57 Paret, 0., in: Miller, M., und G. Taddey: Handbuch der historischen Stätten,
6. Bd. Baden-Württemberg, 2. Aufl. 1980, Art. Riegel.
58 Fingerlin, G., in: Filtzinger, Ph., D. Planck und B. Cämmerer (Hrsg.): Die
Römer in Baden-Württemberg, 3. Aufl. Stuttgart 1986, Art. Riegel.
59 Nach freundlicher Angabe der Landesanstalt für Umweltschutz
Baden-Württemberg - Institut für Wasser- und Abfallwirtschaft - Karlsruhe
(LAU) ist MQ Jahr (1935/56) 20,9 mVs, MQ Sommer (1947/ 56) 15,4 m'/s. Neuere
Zahlen stehen nicht zur Verfügung, da die Beobachtung des Pegels Alte Eiz bei
Riegel 1956 wegen zu starker Verkrautung aufgegeben werden mußte. Schreiben vom
12.4.1985. -Mittel 18,1 mVs, Faktor 0,95.
60 Badischer Wasserkraftkataster Eiz, Stand 1.6.1928, zur Verfügung gestellt
von der LAU. (Bei anderen Flüssen liegen die Angaben über den Stand zwischen
dem 1.6.1925 und dem 1.1.1930.)
61 Karten über die Binnenflüsse im Grosherzogthum Baden nachdem Stande vom
Jahre 1863. Anlage zu:
Der Binnenflußbau im Grosherzogthum Baden. Denkschrift. Bearb. v. Grosh.
Oberdirektion des Wasser- und. Straßenbaues 1863. Karlsruhe 1863.
62 Paret, 0., (wie Anm. 57), Art. Offenburg. - Fingerlin, G., in: Filtzinger
(wie Anm. 58), S. 466f.
63 Eckoldt (wie Anm. l), S. 13.
64 Nach Unterlagen der LAU (Anm. 59) ist am Pegel St. Romans 3 km unterhalb von
Schiltach, für die Jahresreihe 1957/82 MQ Jahr = 6,90, MQ Sommer = 4,41 mVs.
Mittel 5,65 mVs, Faktor 0,95 für die Zelt 0-900 n.Chr.
65 So nach dem Längsprofil 1:1000/1:50000 in: Karten über die Binnenflüsse...
(wie Anm. 61) - Das Längsprofil l :250/1 .-25000 des Badischen
Wasserkraftkatasters, Stand Juni 1925, (wie Anm. 60), ergibt ähnliche Werte,
doch erscheint das Profil dort durch Ablageningen vor den Wehren stark ins
Stufenhafte verändert.
66 Walther (wie Anm. 26), S. 18.
67 Wassersportkarte (wie Anm. 25).
68 Enckerzunft-Artikelbuch 1350-1748, in: Löper (wie Anm. 4), S. 199ff., hier
S. 206.
69 Für Pegel Rotenfels, rd. 10 km oberhalb Rastatt, gibt das Deutsche
Gewässerkundliche Jahrbuch, Rheingebiet, für die Jahresreihe 1922/88 ein MQ
Jahr = 15,61, MQ Sommer = ll,80mVs. Mittel 13,70mVs. Faktor für die Zeit ab
1200 1,00 (in der Kleinen Eiszeit sogar 1,25).
70 Der Binnenflußbau (wie Anm. 61), S. 32.
71 Eckoldt (wie Anm. 7), S. 69. - Dauber, A., in: Miller-Taddey (wie Anm. 57),
An. Ettlingen. - Cämmerer, B., in: Filtzinger (wie Anm. 58), S. 288-290. -
Wagner, Ernst: Fundstätten und Funde aus vorgeschichtlicher, römischer und
alamannisch-fränkischer Zeit im Großherzogtum Baden 2,1911, S.. 66-68. -
Abbildung des Neptunsteins in: Filtzinger (wie Anm. 58), Tafel 27b (nach Seite
88).
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