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Die Idee: von Sibirien in die Pfalz... 

1997 hielt ich mich fast 6 Monate im Rahmen meines Studiums (Landespflege) für das Management einer AntiMüll-Kampagne der russischen Umweltschutzorganisation "Baikal Environmental Wave" in der sibirischen Metropole Irkutsk auf. Durch Kontakt zu russischen Wissenschaftlern konnte ich auch an etlichen, stets unvergeßlichen Exkursionen im großartigen Naturraum des Baikalsees teilnehmen. Im Westgebirge des Baikal entspringt der gewaltige Strom Lena, der über 4.400 km durch Zentralsibirien bis zum Nordmeer fließt, wo er mit dem größten Flussdelta der Welt (ca. 200 Kilometern breit) mündet.

Einige Zeit zog ich diese Flussdokumentation für meine Diplomarbeit in Betracht, doch bald wurde klar: aus Zeitgründen leider nur eine schöne Utopie. Dazu Sibirien mit all seinen Unberechenbarkeiten! Also schön auf dem Boden der Tatsachen bleiben. Der Boden der Tatsachen erwies sich dann sogar als Boden der Heimat. Warum in die Ferne reisen, wenn das Gute liegt so nah ?

 

Schon als Junge kannte ich den Speyerbach, der mitten durch meine Heimatstadt Neustadt/Weinstraße fließt. Ich erinnere mich noch an den offen durch die Altstadt fließenden Bach, der dann Anfang der siebziger Jahre im Zuge einer großen Bausünde namens "Bundesmodell-Bausanierung" komplett aus der Altstadt verschwand. Vor dieser unheilvollen Baumaßnahme gab er Neustadt sein einzigartiges Gepräge, schon in einem der berühmten Bücher von Matthäus Merian und seinen Kupferstichen schreibt Martin Zeiler 1672: "Neustadt ist eine hübsche, lustige Stadt, durch welche ein frisches Wasser fleußt und gleichsam die Stadt teilet, auch fischreich ist, sonderlich von schönen Forellen ... Es ist hierumb ein sehr lustige Gelegenheit von Krebsen, Grundein, besagten Forellen, Holz, Wasser, springenden Brunnen und frischer Luft". (M. MERIAN, Topographia Palatinatus Rheni et Vicinarum Regionum, Frankfurt a. M. 1672).

War das Projekt ursprünglich nur als Foto- Film- und Tondokumentation des aktuellen Zustandes gedacht, so wurde ich nach den ersten Aufenthalten im Landesarchiv Speyer und im Stadtarchiv Neustadt von der Fülle verblüffender historischer Fakten der Kulturlandschaft entlang des Baches regelrecht „erschlagen“. Der Speyerbach entpuppte sich als ein bizarrer Kosmos von kulturlandschaflichen Umformungen. 

Der Speyerbach ist nicht nur ein reeller Bach, sondern auch eine Metapher für die zügellose und rein am kurzfristigen Profit orientierte Vergewaltigung der Natur.